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Marianne Stüve Texte 2 TRAMA - GEFLECHT Jagd- und Fischereimuseum, München Ein Musum als Schauplatz von Kunstaktionen ist nichts ungewöhnliches mehr. Hier handelt es sich jedoch um keinen Kunsttempel, sondern um das Deutsche Jagd- und Fischereimuseum. Es wird zur Bühne für ein Werk, das im Laufe von 10 Tagen entsteht, vor Ort, vor Publikum und mit ihm. Die Aktion der beiden Künstlerinnen Edith Derdyk und Marianne Stüve heißt "Trama/Geflecht" und versteht sich als prozeßhafte Vernetzung des Museums durch Kunst. Mit vielen Assoziationen zu Ort und Zeit. Gewiß enthält auch dieses Museum Kunstwerke, doch eher in illustrativer Absicht. Nicht Kunst steht im Zentrum sondern Natur, genauer gesagt, der menschliche Eingriff in diese: Jagd und Fischerei. Als Kulturleistungen stellen sie seit Urzeiten in fast allen Teilen der Welt eine existenzielle Grundlage für die Ernährung des Menschen dar. Das Netz bildet unter den Gerätschaften, mit denen der Mensch versucht des Tieres habhaft zu werden, ein wichtiges Instrument, vor allem in der Fischerei. Nicht Waffe zum Töten, sondern Mittel zum Fang. Man wird an die biblische Metapher von Jesus erinnert, als er von den Menschenfischern spricht. So läßt sich auch eine Brücke zur ursprünglichen Funktion des Museumsgebäudes herstellen. Es war ehemals ein Sakralraum, die Augustinerkirche. Doch Netz - Vernetzung, bilden nicht zuletzt im elektronischen Zeitalter digitaler Kommunikation Kennworte, die weltweit alle Gesellschaftsbereiche durchdringen. Internet und world wide web haben unser Leben verändert, und die Entwicklung schreitet voran zu immer neuen Vernetzungen, die zugleich bestehende Strukturen erweitern, verändern, verbessern, aber auch Gewachsenes zerreißen und zerstören. Das "Geflecht" aber, das Derdyk und Stüve herstellen, geschieht nicht im virtuellen Raum, sondern in einem realen. Es vollzieht sich direkt zwischen zwei Menschen, die aus verschiedenen Ländern, ja Kontinenten kommen - Brasilien und Deutschland - und in Anwesenheit anderer, die schauen, Anteil nehmen, sich vielleicht beteiligen. Die Arbeit beider geschieht in Sichtweite voneinander, die Treppe, die sie trennt und zugleich verbindet, kann als Sinnbild für die geografische Distanz gelesen werden, die zwischen dem Land der nördlichen und dem Land der südlichen Halbkugel liegt. Die interkulturelle
Verbindung von Menschen, Ideen, Traditionen wird wörtlich genommen.
Beide Künstlerinnen nähen, flechten, verknüpfen: Derdyk
2000 m langen schwarzen dünnen Nylonfaden, Stüve 2000 m weiße
Perlonschnur. Beide verwenden modernes Material, bedienen sich aber einer
uralten Technik, die vor allem als weibliches Erbe gilt. Stüve baut
ein "Dach für den Urhirsch", das Schmuckstück des
Museums. Die Künstlerin erinnert daran, daß dieses Haus nicht
nur die Geschichte von Jagd und Fischerei vor Augen führt. Es dient
auch der Aufgabe, über Erhalt von ökologischem Gleichgewicht
und Schutz von Umwelt nachzudenken und aufzuklären. Derdyks Aktion,
als "Vernähen des Raumes" definiert, in der ehemaligen
Apsis der Kirche am unteren Ende des Treppenaufganges, beschwört
den Geist des Gebäudes und seiner wechselvollen Geschichte. Michael Nungesser
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